Warum brauche ich eine Leistungsdiagnostik?

Laktat ist kein Feind – sondern ein cleverer Helfer deines Körpers. Es handelt sich um ein Salz der Milchsäure und entsteht in deinen Muskeln bei hoher Belastung, wenn nicht mehr genug Sauerstoff zur Energiegewinnung bereitsteht. Das passiert zum Beispiel bei einem Sprint oder intensiven Intervalltraining.

In diesen Momenten wandelt dein Körper Glukose über die Glykolyse in Pyruvat um. Normalerweise würde dieses Pyruvat mit Sauerstoff weiterverarbeitet werden, aber wenn dieser fehlt, springt Plan B ein: Pyruvat wird durch das Enzym Laktatdehydrogenase zu Laktat umgebaut. Dadurch kann der Energiestoffwechsel weiterlaufen.

Kurz gesagt:

  • Energie mit Sauerstoff aerob: Pyruvat → vollständige Energiegewinnung in den Mitochondrien, bis zu 36 ATP-Moleküle pro Glukose – effizient und nachhaltig
  • Energie ohne Sauerstoff anaerob: Pyruvat → Laktatbildung zur Fortsetzung der Energieproduktion nur 2 ATP-Moleküle pro Glukose – schnell, aber ineffizient

Was ist die Laktatschwelle?

Die Laktatschwelle ist der Punkt, an dem Laktat schneller produziert wird als dein Körper es wieder abbauen kann. Ab hier wird die Belastung spürbar „hart“, und es folgt irgendwann die muskuläre Ermüdung.

Dieser Schwellenbereich ist individuell. Sie hängt ab von deiner Grundlagenausdauer, deiner Fähigkeit, mit Laktat umzugehen, und davon, wie gut du regenerierst. Wenn du nahe an deiner Schwelle trainierst, kannst du deine Ausdauerleistung steigern, die Toleranz gegenüber Laktat verbessern und deine Leistungsfähigkeit bei längerer Belastung stabil halten.

Warum Leistungsdiagnostik im Training Sinn machen

Laktatmessungen liefern objektive Daten über deinen Stoffwechselzustand, Individuelle Belastungsbereiche, die du mit Puls oder Wattwerten verknüpfen kannst und Feedback über Trainingsfortschritt (Verschiebung der Schwelle, verändertes Laktatprofil).

Wichtige Fragen dabei:

  • Ab wann beginnt bei mir die Laktatakkumulation (Steady State)?
  • Wie schnell „explodiert“ mein Laktatwert (VLamax)?
  • Wie gut erhole ich mich in der Belastung (Laktatsenkungsrate)?
  • Wie hoch ist mein max. Laktat und wie groß meine „Bandbreite“?

Es gibt 3 wichtige Kenngrößen für die Trainingssteuerung

  1. Die Laktatbildungsrate (VLamax)
  2. Das Steady State (MLSS)
  3. Die Laktatsenkungsrate (gibt keine gängige Abkürzung)

 

VLamax – maximale Laktatbildungsrate

Die VLamax beschreibt die individuelle maximale Geschwindigkeit, mit der der Körper Laktat unter hochintensiver Belastung produzieren kann. Sie ist ein Maß für die Leistungsfähigkeit des anaerob-glykolytischen Stoffwechsels.

Während die VO₂max Auskunft über die aerobe Kapazität eines Sportlers gibt, liefert die VLamax ergänzende Informationen über die maximale glykolytische Stoffwechselaktivität. Beide Größen – VO₂max und VLamax – sind essenziell, um die individuellen Leistungsprofile, Laktatverläufe und Schwellenbereiche zu verstehen und zu steuern. VLamax ergibt sich aus der Aktivität der Glykolyse, der Rekrutierung schnell zuckender Muskelfasern (Typ II), der Verfügbarkeit an Glukose und der Enzymaktivität (z. B. Phosphofruktokinase, Laktatdehydrogenase).

Ein hoher VLamax-Wert bedeutet:
→ hohe Laktatbildungsrate, schnellerer Leistungsabfall unter Dauerbelastung, aber gute Sprint- und Beschleunigungsfähigkeit.

Ein niedriger VLamax-Wert bedeutet:
→ geringere Laktatproduktion, bessere Stabilität unter Belastung (MLSS), aber geringere Explosivität.

Training der VLamax

Die VLamax ist trainierbar, jedoch nur innerhalb gewisser Grenzen. 

Ziel: VLamax senken (z.B. für Langstrecke, Triathlon)

  • extensive Grundlagenläufe / -fahrten (Zone 2)
  • Schwellentraining mit längeren Intervallen
  • Reduktion anaerober Spitzenbelastungen

Ziel: VLamax erhöhen (z.B. für Sprint, CrossFit, Kurzdistanz-Rennen)

  • hochintensive Kurzintervalle (10–30 s)
  • wiederholte Sprintbelastungen (RST)
  • Maximalkrafttraining / Plyometrie

Das Laktat-Steady-State-Prinzip (MLSS)

Die MLSS beschreibt die höchste Belastungsintensität, bei der die Laktatkonzentration im Blut über einen definierten Zeitraum stabil bleibt. Das bedeutet: Produktion und Abbau von Laktat sind im Gleichgewicht. Wird diese Schwelle überschritten, steigt die Laktatkonzentration progressiv an – ein Zeichen dafür, dass der Organismus die gebildete Menge nicht mehr vollständig verwerten kann. Die Folge ist eine zunehmende metabolische Azidose und vorzeitige muskuläre Ermüdung. Physiologisch markiert das MLSS den Übergang zwischen hoher, nachhaltiger Leistung und instabiler, begrenzter Belastbarkeit. Es liegt zumeist im Bereich der individuellen anaeroben Schwelle, typischerweise bei Laktatwerten zwischen 3,5 und 5,0 mmol/l, variiert jedoch individuell deutlich.

Ein Training im steady state ist besonders effizient, da es eine hohe Trainingsdichte mit vergleichsweise geringer Ermüdung ermöglicht. Besonders für Sportarten mit mittlerer bis langer Belastungsdauer (z. B. Triathlon, Radsport, Langstreckenlauf) bildet dieser Trainingsbereich das leistungsrelevante Fundament.

Laktatsenkungsrate und das Konzept des Laktat-Steady-State

Nach der Bildung wird Laktat nicht einfach „entsorgt“, sondern im Körper systematisch verwertet. Der Abbau erfolgt überwiegend über Oxidativen Abbau in Muskelfasern. Vor allem Typ-I-Fasern (oxidativ) und das Herz nutzen Laktat als Substrat für die Energiegewinnung. Voraussetzung dafür ist eine ausreichende Sauerstoffverfügbarkeit. Gluconeogenese in der Leber (Cori-Zyklus): Laktat wird zu Glukose zurückverwandelt – ein wichtiger Prozess in längeren Belastungen, und durch die Verwertung durch andere Gewebe – z. B. durch ruhende Muskelgruppen oder das Gehirn.

 

Beziehung zwischen Laktatsenkungsrate und der VO₂

Der Laktatsenkung ist eng an die Sauerstoffaufnahme (VO₂) gekoppelt. Innerhalb eines physiologisch relevanten Bereichs verläuft die Beziehung zwischen VO₂ und Laktat-Clearance nahezu linear. Je höher die VO₂, desto größer ist die oxidativ nutzbare Kapazität. Das bedeutet: Je mehr Sauerstoff zur Verfügung steht, desto mehr Laktat kann gleichzeitig wieder abgebaut werden.

Diese Erkenntnis hat praktische Konsequenzen:

  • Trainierte Athleten mit hoher VO₂max sind in der Lage, mehr Laktat pro Zeiteinheit zu eliminieren als untrainierte Personen.
  • Bei gleicher Laktatproduktion führt eine bessere Sauerstoffnutzung zu einem flacheren Laktatanstieg oder schnellerer Laktatsenkung in aktiven Pausen.

Zusammenfassung: VLamax, MLSS, Laktatsenkung, VO₂ und die Trainingssteuerung

Die VLamax beeinflusst die Höhe der Laktatschwelle maßgeblich:

Niedrige VLamax + hohe VO₂max → hohe Laktatschwelle → hohe Dauerleistungsfähigkeit

Hohe VLamax + hohe VO₂max → starke Leistungsspitzen, aber früherer Laktatakkumulationspunkt

In der Praxis bedeutet das: Zwei Athleten mit gleicher VO₂max können stark unterschiedliche Schwellenleistungen aufweisen – abhängig von ihrer VLamax.

  • Der Laktatsenkung ist proportional zur Sauerstoffverfügbarkeit – je höher die VO₂, desto effizienter der Laktatabbau.
  • Der Steady State beschreibt ein dynamisches Gleichgewicht zwischen Produktion und Verwertung.
  • Der Trainingsfokus sollte sowohl auf der Verbesserung der VO₂max als auch auf der Laktattoleranz und -pufferung liegen.
Leistungsdiagnostik
zb eine Leistungsdiagnostik

Nach oben scrollen